Römische Villa Hostert
Leiwen · Kreis Trier Saarburg
Beschreibung
ARGO – Augmented Archaeology (Universität Trier)
Anders als viele entlang der Moselufer gelegene römische Landhäuser thront die Villa in der Flur „Hostert“ 200 Höhenmeter weiter oben über dem Moseltal.
Knapp 3 km vom Fluss entfernt war die Villa Rustica der Zentralbau einer ausgedehnten Hofanlage. Nach den Funden ist das Herrenhaus erst um 300 n. Chr. errichtet worden. Mit 31 x 20 m hat das Gebäude eine übliche Ausdehnung, doch das Steinmauerwerk ist sehr einfach mit Lehm statt Mörtel ausgeführt.
Die ursprüngliche Vorderfront des Hauses war nicht nach Norden zur Mosel, sondern vielmehr nach Süden ausgerichtet. Gestiegener Wohlstand erlaubte ca. 50 Jahre später, an der Südseite im alten Säulenvorbau ein Bad einzurichten. Dort war jetzt auch das Mauerwerk von besserer Qualität.
Eine neue, mit Säulen geschmückte Vorderfront des Hauses war nun an der gegenüberliegenden Nordseite mit Eckbauten über Kellern der Mosel zugewandt. Unverändert blieb die zentrale Halle (R. 10) in ihrer Funktion.
Fundstellen im Umkreis von 300 m bis zur Quelle des Schandelbaches lassen die Ausdehnung der Hofanlage erkennen. Ein Nebengebäude direkt vor der Villa mit Trockenanlage und Mühlsteinfragmenten diente wohl der Getreideverarbeitung.
Bereits in den 1950er Jahren hat man im Flurstück „Bohnengarten“, südöstlich von Leiwen, die Reste der Villa Bohnengarten aus dem 3. Jhd. entdeckt, die wahrscheinlich im 5. Jhd. aufgegeben wurde.
Dokumentation der Rekonstruktion
060 Leiwen, Römische Villa „Auf Hostert“
Datierung
3. – 4. Jahrhundert n. Chr.
Forschungsgeschichte
Die Villenanlage wurde im Jahr 1980 vom Rheinischen Landesmuseum Trier vollständig ausgegraben. Dabei traten ein Herrenhaus und zwei Nebengebäude zu Tage. Aufgrund des Fundmaterials wird die Villa ins 3.-4. Jahrhundert datiert.
Kurzbeschreibung
Die Villa wurde auf einem Osthang nahe der Kleinen Dhron errichtet. Sie war nach dem Streuhof-Prinzip angelegt und bei dem Herrenhaus A (31 m x 20 m) handelte es sich um eine Risalitvilla, die mit ihren Risaliten nach Süden ausgerichtet war. Das Mauerwerk war nicht mit Mörtel versetzt, sondern mit Lehm (Jahresbericht 1978-1980, 378). Der Hauptraum 10 bildete das Zentrum des Hauses. Durch den untypischen nachträglichen Einbau eines Bades in die Südportikus wurde diese umgenutzt und im Norden eine neue Portikus 7 errichtet, an deren Enden die unterkellerten Räume 6 und 9 die Funktion der Eckrisalite übernahmen. Das Bad, in dem roter wasserfester Putz mit Viertelrundstab festgestellt wurde (Jahresbericht 1970-1971/72, 312), lag in den Räumen 1-3 und 12-14 und hatte einen gehobeneren Ausstattungscharakter als das restliche Haus. Demnach verfügte es über zwei beheizbare Räume, darunter das Caldarium 1 und das Tepidarium 3, die unabhängig voneinander beheizt werden konnten. In Raum 13 befand sich ein Becken. Raum 12 diente als Latrine. Möglich wäre jedoch auch eine Funktionsteilung der beiden Einheiten, wie dies in Bollendorf „In der Kroppicht“ der Fall ist, wonach die Räume 1 und 12-14 das Bad gebildet hätten. Dann wäre Raum 3 als beheizbarer Wohnraum zu interpretieren.
Wenige Meter nördlich des Herrenhauses lag Nebengebäude B, in dem sich Mühlsteinfragmente und eine in der Nordwestecke eingebaute Korndarre befanden. Ca. 60 m westlich befindet sich Nebengebäude C, das über einen vorgelagerten Keller verfügte. Es kann spekuliert werden, ob es sich bei diesem Gebäude um den Vorgängerbau des Hauptgebäudes gehandelt haben könnte.
Rekonstruktion
Das Hauptgebäude der Villa „Auf Hostert“ von Leiwen wurde in seiner ersten Bauphase auf Basis des Grundrisses (Abb. 1) rekonstruiert.
Die Säulen der Frontportikus sind nach dem Beispiel der ebenfalls im Rahmen des Projektes bearbeiteten Villa von Fließem-Otrang angeordnet. Basierend auf Befunden von umgestürzten Wänden an anderen Fundplätzen wurde eine Geschosshöhe von 3,5 m (Sommer 2002, 61) gewählt. Als Dachneigung wurden etwa 20° vorausgesetzt. Fenster und Türen sind vorgefertigt und beruhen auf Rekonstruktionen aus Xanten (Kienzle 2011, Abb. 2, 4).
Das moderne Gelände wurde anhand der vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellten LiDAR-Scans berücksichtigt.
Mitwirkende
Text: Eva Bleser/Julian Geiß/Max Rensch, Recherche: Julian Geiß, Modellierung: Max Rensch, Texturierung: Irina Keller
Literatur
Jahresbericht 1970-1971/72
W. Binsfeld – S. Gollub, Jahresbericht des Staatlichen Amtes für Vor- und Frühgeschichte im Regierungsbezirk Trier und im Kreis Birkenfeld für die Jahre 1970-191/72, Trierer Zeitschrift 35, 1972, 281- 333, bes. 312.
Jahresbericht 1978-1980
K.-J. Gilles – K. Goethert-Polaschek – H. Löhr – H. Nortmann – P. Seewaldt, Jahresbericht des Landesamtes für Denkmalpflege, Abteilung Bodendenkmalpflege, Außenstelle Trier für den Regierungsbezirk Trier und den Kreis Birkenfeld 1978-1980, Trierer Zeitschrift 49, 1986, 337-401, bes. 378-380.
Kienzle 2011
P. Kienzle, Moderne Technik und traditionelles Handwerk – Die Rekonstruktion von drei Wohnhäusern im LVR-Archäologischen Park Xanten, in: M. Müller – Th. Otten – U. Wulf-Rheidt (Hrsg.), Schutzbauten und Rekonstruktionen in der Archäologie: von der Ausgrabung zur Präsentation, Xanten, 21.-23. Oktober 2009, Xantener Berichte 19 (Mainz 2011) 275-288.
Loscheider 2005
R. Loscheider, Archäologische Zeugnisse in Leiwen und Umgebung, in: Gemeinde Leiwen (Hrsg.), Leiwen. Eine Ortsgeschichte, Schriftenreihe Ortschroniken des Trierer Landes 45 (Leiwen 2005) 1-14.
Seiler 2015
S. Seiler, Die Entwicklung der römischen Villenwirtschaft im Trierer Land. Agrarökonomische und infrastrukturelle Untersuchungen eines römischen Wirtschaftsgebiets, Philippika 81 (Wiesbaden 2015) 222-223 Kat. 90; Taf. 22, Abb. 46.
Sommer 2002
S. C. Sommer, Hoch und immer höher – Zur dritten Dimension römischer Gebäude in Obergermanien, in: R. Gogräfe – K. Kell (Hrsg.), Haus und Siedlung in den römischen Nordwestprovinzen. Grabungsbefund, Architektur und Ausstattung, Internationales Symposium der Stadt Homburg vom 23. und 24. November 2000 (Homburg/Saar 2002) 47-61.
Abbildungen
Abbildung 1 – Grundriss der Villa „Auf Hostert“ (aus: Seiler 2015, Taf. 22 Abb. 46)
Abbildung 2 – Rekonstruktion der Villa „Auf Hostert“ (ARGO)
ARGO – Augmented Archaeology
Mit der kostenlosen ARGO-App können Sie die 3D-Modelle vor Ort über Augmented Reality (AR) in ihrer ursprünglichen Größe und in einer 360°-Darstellung betrachten.