Römische Villa Urbana
Mehring · Kreis Trier Saarburg
Beschreibung
ARGO – Augmented Archaeology (Universität Trier)
Am nach Norden zur Mosel abfallenden Hang, doch mit nach Süden ausgerichteter Vorderfront liegt die beachtlich große römische Villa.
Sie war das Herrenhaus eines Landgutes. Wie so viele einfache römische Villen wurde der erste Bau Anfang des 2. Jh. errichtet. Eine Säulenreihe, eingefasst von Eckbauten (Risaliten), verlieh einen repräsentativen Charakter. Unter dem linken Eckbau ist ein Keller in vollständiger Höhe mit Entwässerung und Lagern in den Mauern für die Deckbalken erhalten. Bald schon wurde mit einer Erweiterung an der Westseite des Komplexes ein beheizbarer Raum für kalte Tage hergerichtet.
Noch im 2. Jh. wurde die Villa wesentlich erweitert, an der Eingangsfront um 20 m auf 48 m Breite mit Säulengang (porticus) über die gesamte Front des älteren Baues. An die moselseitige Nordostecke kamen ein aufwendiges Bad mit Latrine, gespült vom Abwasser, und mehrere beheizte Räume.
Mitte des 4. Jh. hatten Germanen das Gebäude in Besitz genommen. Ohne Verständnis für römischen Wohnkomfort wurden Heizungen und kostbare Wandverkleidungen herausgerissen.
Dokumentation der Rekonstruktion
064 Mehring, Römische Villa Urbana
Datierung
1. Hälfte 2. Jahrhundert – 5. Jahrhundert n. Chr.
Forschungsgeschichte
Die römische Villa von Mehring befindet sich südöstlich des heutigen Ortes in der Flur „in der Kirchheck“ bzw. „Hostertsmorgen“ und war bereits im frühen 19. Jahrhundert Ziel einiger „Ausgrabungen“, die jedoch dem Befund eher Schaden zufügten, als ihn sachgemäß freizulegen (Gilles 1985, 33). In der Folge geriet die Fundstelle in Vergessenheit und wurde erst 1982 durch einen Bauern wiederentdeckt, der beim Pflügen seines Feldes auf mehrere Sandsteinblöcke gestoßen war. Noch im selben Jahr wurden mehrere Sondagen angelegt, bei denen man auf erste Gebäudereste stieß. In den Jahren 1983-1984 wurden dann Ausgrabungen durch das Rheinische Landesmuseum Trier durchgeführt und dabei das Hauptgebäude einer römischen Villa vollständig untersucht. Die Mauern wurden konserviert und zum Teil rekonstruiert. Die Grabungen wurden jedoch nicht umfassend publiziert.
Aufgrund des Fundmaterials lässt sich die Villa von der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. bis ins 5. Jahrhundert n. Chr. datieren. Es lassen sich zudem sechs verschiedene Bau- bzw. Nutzungsphasen für das Hauptgebäude unterscheiden.
Kurzbeschreibung
Die Villa von Mehring liegt auf einem leicht nach Norden zur Mosel abfallenden Gelände.
In der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. wurde ein Herrenhaus (28 m x 23 m) in Form einer Risalitvilla des Typs Bollendorf errichtet. Das Zentrum bildete der rechteckige Raum 7, an den im Osten zwei Raumeinheiten 15 und 17 angrenzten, die durch Korridor 16 getrennt waren. Im Norden befanden sich ein langrechteckiger Raum 19 und der kleiner Raum 2, der durch Raum 19 betreten werden konnte. Im Süden gab es eine 15 m lange, 4 m breite Portikus 13 mit den Eckrisaliten 12 und 14. Risalit 12 beherbergte den Keller der Villa. Er war aus gemörteltem Schiefermauerwerk errichtet, das noch in einer Höhe von 2,70 m erhalten war (Seiler 2015, 233). Darin befanden sich ein Fensterschacht, Abstellnischen und Aussparungen für die Deckenbalken (Gilles 1985, 120).
In einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im 2. Jahrhundert wurde das Gebäude um zwei weitere Risalite erweitert. Im Nordosten mit den Räumen 21 A und B, im Nordwesten mit Raum 1. Die daraus resultierenden Freiräume zwischen den Nord- und Südrisaliten wurden durch die Räume 28 und 29 im Osten und 3 und 5 im Westen gefüllt (Seiler 2015, 233. Raum 3 war mit einer Hypokaustheizung ausgestattet.
Im letzten Drittel des 2. Jahrhundert wurde das Herrenhaus der Villa in einer dritten Bauphase großzügig erweitert. Die Hauptfront wurde mit einer neuen Portikus versehen, die sich um die beiden ursprünglichen südlichen Risalite zog. Im Südosten und Südwesten wurden zwei neue, größere Risalite angelegt (Räume 8-10 im Südwesten und 31-34 im Südosten). Der Nordostrisalit wurde ebenfalls erweitert und mit einem Badetrakt versehen (Räume 21-27). Die Villa erreichte nun eine Gesamtausdehnung von etwa 48 m x 29 m und besaß mehr als 30 Räume.
In Phase 4 wurden die Räume 3-5 erweitert. Raum 3, der bereits eine Hypokaustheizung besaß, wurde nun (wahrscheinlich gegen Ende des 3. Jahrhundert) zusätzlich mit ornamentalen Mosaiken und einer Wandverkleidung ausgestattet. Diese bestand aus sechseckigen Plättchen aus weißem Marmor, runden Scheiben aus grünem Diorit und rechteckigen Plättchen aus rotem Porphyr (Seiler 2015, 234).
Es scheint, dass um 355 n. Chr. Teile der Villa zerstört und aufgegeben wurden. Besonders betroffen waren dabei die Räume 3-5, sowie der Badetrakt im Nordostrisalit (Räume 21-27). In der Zerstörungsschicht im Bereich der Räume 3-5 wurden viele Münzen aus der Mitte des 4. Jahrhunderts gefunden, weshalb man die Zerstörung in diesem Zeitraum ansetzt (Seiler 2015, 234). Nach dieser Zerstörung wird das Herrenhaus offenbar von germanischen Siedlern genutzt.
In der letzten Nutzungsphase wird die Villa von den germanischen Siedlern ausgebeutet. So wurden beispielsweise die Hypokaustpfeiler aus Raum 3 entfernt. Der Wohnbereich konzentrierte sich nun wieder auf den zentralen Raum 7, sowie auf die östlich und südlich darum gruppierten Raumeinheiten. Die übrigen Bereiche wurden wirtschaftlich genutzt. Im Verlauf des 5. Jahrhunderts wurde der Standort schließlich endgültig aufgegeben.
Die genauen Ausmaße der Gesamtanlage sind nicht bekannt. Etwa 80 m unterhalb des Hauptgebäudes wurden Mauerzüge entdeckt, die wahrscheinlich zu Nebengebäuden der Villa gehören. Rekonstruiert wurde die Hauptfront der ersten Bauphase mit der Portikus und den beiden Eckrisaliten, ein beheizbarer Wohnraum, sowie Teile des Badetraktes.
Rekonstruktion
Das Hauptgebäude der Villa von Mehring wurde nach dem Grundriss der vierten Phase (Abb. 1) rekonstruiert, da diese die größte Ausbauphase darstellt.
Die Säulen sind dem 3D-Modell der ebenfalls im Rahmen des Projektes bearbeiteten Villa von Fließem-Otrang entnommen. Basierend auf Befunden von umgestürzten Wänden an anderen Fundplätzen wurde eine Geschosshöhe von 3,5 m (Sommer 2002, 61) gewählt. Als Dachneigung wurden etwa 20° vorausgesetzt. Fenster und Türen sind vorgefertigt und beruhen auf Rekonstruktionen aus Xanten (Kienzle 2011, Abb. 2, 4).
Das moderne Gelände wurde anhand der vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellten LiDAR-Scans berücksichtigt.
Mitwirkende
Text: Eva Bleser/Max Rensch/Alexander Strunk, Recherche: Alexander Strunk, Modellierung: Max Rensch, Texturierung: Irina Keller/Irena Weiß
Literatur
Gilles 1985
K.-J. Gilles, Die römische Villa von Mehring, Jahrbuch Kreis Trier-Saarburg 1985, 119-121.
Gilles 1985
K.-J. Gilles, Die römische Villa von Mehring, Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier 17, 1985, 33-39.
Gilles 2008
K.-J. Gilles, Mehring, Römische Villa, in: Rheinisches Landesmuseum Trier (Hrsg.), Führer zu Archäologischen Denkmälern des Trierer Landes, Schriftenreihe des Rheinischen Landesmuseums Trier 35 (Trier 2008) 55-56.
Kienzle 2011
P. Kienzle, Moderne Technik und traditionelles Handwerk – Die Rekonstruktion von drei Wohnhäusern im LVR-Archäologischen Park Xanten, in: M. Müller – Th. Otten – U. Wulf-Rheidt (Hrsg.), Schutzbauten und Rekonstruktionen in der Archäologie: von der Ausgrabung zur Präsentation, Xanten, 21.-23. Oktober 2009, Xantener Berichte 19 (Mainz 2011) 275-288.
Seiler 2015
S. Seiler, Die Entwicklung der römischen Villenwirtschaft im Trierer Land. Agrarökonomische und infrastrukturelle Untersuchungen eines römischen Wirtschaftsgebiets, Philippika 81 (Wiesbaden 2015) 233-235 Kat. 100; Taf. 27 Abb. 55-56; Taf. 28 Abb. 57-58; Taf. 29 Abb. 59-60.
Sommer 2002
S. C. Sommer, Hoch und immer höher – Zur dritten Dimension römischer Gebäude in Obergermanien, in: R. Gogräfe – K. Kell (Hrsg.), Haus und Siedlung in den römischen Nordwestprovinzen. Grabungsbefund, Architektur und Ausstattung, Internationales Symposium der Stadt Homburg vom 23. und 24. November 2000 (Homburg/Saar 2002) 47-61.
Abbildungen
Abbildung 1 – Grundriss des Hauptgebäudes von Mehring (Phase 4)
(aus: Seiler 2015, Tafel 28 Abb. 58).
Abbildung 2 – Rekonstruktion der Villa von Mehring (ARGO)
ARGO App – Augmented Reality (AR)
Mit der kostenlosen ARGO-App können Sie die 3D-Modelle vor Ort über Augmented Reality (AR) in ihrer ursprünglichen Größe und in einer 360°-Darstellung betrachten.