Römisches Landgut
Longuich · Kreis Trier Saarburg
Beschreibung
ARGO – Augmented Archaeology (Universität Trier)
Zu den palastartigen römischen Villen des Mosellandes gehört die Villa von Longuich, die entlang eines Südosthanges zur Mosel hin ausgerichtet ist.
Mit einer Front von 110 m Breite bei einer Tiefe von 28 m bot sie sich dem Anblick des auf der Fernstraße im Moseltal Reisenden dar. Offene Wandelgänge verbanden die drei Gebäudetrakte der Anlage.
Der gesamte Ostflügel war einem Bad auf einer Fläche von 12 x 5 m vorbehalten, ausgestattet mit besonderem Luxus. Die eigentlichen Baderäume machten das Warmwasserbad (caldarium) und das Kaltbad (frigidarium) mit schwarz-weißem Marmorplattenboden aus. Die Becken der beiden Räume ragten mit ihren Außenmauern aus der Ostwand heraus. Dazu gehörten des Weiteren ein Schwitzraum (sudatorium) und eine Latrine, gespült mit dem gebrauchten Wasser der Becken.
Der langsam gestiegene Luxus wird dokumentiert durch die Bauentwicklung: Eine kleinere Villa aus der Mitte des 1. Jh. musste nach Umbauten Ende des 2. Jh. der Großvilla weichen. Bewohnt wurde der Komplex bis Ende 4. Jh. Zum Familienfriedhof gehört ein Sarkophag des 4. Jh. für eine junge Frau, knapp 1,60 m groß.
Dokumentation der Rekonstruktion
062 Longuich, Römisches Landgut
Datierung
1. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. – 4. Jahrhundert n. Chr.
Forschungsgeschichte
Bei Flurbereinigungsmaßnahmen traf man 1984 in der Flur „Im Päsch“ ca. 600 m südwestlich von Longuich auf römische Mauerreste und wenige Tage später in etwa 150 m Entfernung westlich davon auf einen römischen Sandstein-Sarkophag. 1987 wurde der Bereich durch das Rheinische Landesmuseum Trier ausgegraben und dabei der östliche Teil eines Hauptgebäudes von einer villa rustica freigelegt. Anschließend wurden die Mauerzüge konserviert und auf den antiken Mauern des Seitentrakts ein Schutzbau errichtet. Neben dem Hauptgebäude wurden mehrere Nebengebäude, sowie Überreste einer Wasserleitung, eine Umfassungsmauer mit Toranlage und ein zugehöriges Gräberfeld festgestellt. Zwei der Nebengebäude wurden genauer untersucht.
Pfostenlöcher, die auf eine hölzerne Vorgängerbebauung im Bereich eines der untersuchten Nebengebäude verzeichnet wurden, lassen sich aufgrund von Keramikfunden in die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. datieren. Das Hauptgebäude wurde dagegen erst in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. errichtet und bereits Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. durch einen Neubau ersetzt. Das Fundmaterial aus dem Bereich der Villa deutet auf eine Nutzung bis ins 4. Jahrhundert n. Chr., Hinweise auf eine gewaltsame Zerstörung wurden nicht dokumentiert. Die Villa wurde bis ins 16. Jahrhundert als Steinbruch genutzt. Einige Architekturteile befinden sich in der Longuicher Ortskirche.
Kurzbeschreibung
Die Villa von Longuich befindet sich auf einem Nordosthang oberhalb der ca. 900 m entfernten Mosel auf 150 m ü. NN. Obwohl sich die Grabungen auf ein kleines Areal beschränkten (28 m x 15 m), lässt sich der Grundriss des nach Nordosten orientierten Hauptgebäudes rekonstruieren. So handelte es sich in der ersten Bauphase um eine Portikusvilla mit Eckrisaliten ähnlich der Villa von Mehring (Gilles 1989, 202).
Der Neubau wird als Axialvilla vom Typ Wittlich rekonstruiert mit einer Gesamtausdehnung von etwa 110 m x 28 m (Gilles 1989, 202; Seiler 2015, 229). Der untersuchte Osttrakt beherbergte das Bad der Villa. Raum 1 ist als Caldarium anzusprechen und verfügte über zwei beheizbare Badewannen B1 und B2. Bei einem späteren Umbau wurde Wanne B2 entfernt. Der nachträglich erweiterte Raum 2 diente als Praefurnium für Raum 3, welches als Sudatorium interpretiert wird. Raum 4 enthielt das Frigidarium mit Badewanne B3. Der Boden des Raumes bestand aus opus sectile und war mit weißen, grauen und schwarzen Marmorplatten ausgelegt. Raum 5 wird als Apodyterium gedeutet. Von dort aus konnte man das Frigidarium betreten. In späterer Zeit erhielt der Raum eine Heizung, weshalb der Fußboden um mehr als 0,6 m angehoben wurde. Zudem wurde der Durchgang zum Frigidarium zugemauert und stattdessen ein Durchgang zu Raum 11 angelegt, der über drei Stufen zu betreten war. An der Ostseite des Raumes wurde von Raum 9 her ein Feuerungskanal zum Beheizen des Raumes angelegt. Raum 6 diente als Latrine, deren Abfluss unter Raum 5 hindurch zu Raum 9 führte. Raum 7 wurde nach der Umbauphase als neues Apodyterium genutzt. Es wurde ein Zugang zum Frigidarium angelegt und der Zugang zu Raum 1 zugemauert. Die Räume 10 und 11 werden als Säulengänge um einen Innenhof (12/13) gedeutet (Gilles 1089, 205). Die Mauern der Räume 8a, 12, 13 und 14 gehören wohl zu den Resten des Vorgängerbaus und sind für die große Umbaumaßnahme am Ende des 2. Jahrhunderts weitgehend abgetragen worden (Gilles 1989, 205). Neben den im Frigidarium entdeckten Marmorplatten des Fußbodens, wurden Reste von Wandputz und mehrere Fragmente eines Glasmosaiks gefunden.
Rekonstruktion
Rekonstruiert wurde nur das Hauptgebäude (2. bis 4. Jahrhundert n. Chr.), dessen Südostflügel (Abb. 1) – wie bereits in der publizierten zeichnerischen Rekonstruktion (Abb. 2) nach Nordwesten erweitert wurde (Abb. 3). Grundlage sind publizierte Pläne (Abb. 1) und eine Rekonstruktionszeichnung (Abb. 2).
In der Mitte wurde ein giebelständiger Hauptbau eingefügt, an der gegenüberliegenden Seite baugleich ein Peristylhof und ein Risalit. Bei der Rekonstruktion wurde darauf geachtet auch die in situ ausgeführte Teilrekonstruktion in den digitalen Entwurf mit einzubeziehen. So wurde etwa der Peristylhof wie vor Ort mit Arkaden gestaltet. Die den Risaliten vorgelagerten Ädikula-artigen Strukturen wurden mit weniger Säulen als in der zeichnerischen Rekonstruktion ausgeführt, da in rezenten Grabungen in der Region festgestellt wurde, dass in der Regel weniger als mehr Säulen eingesetzt wurden als zuvor angenommen.
Das moderne Gelände wurde anhand der vom Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellten LiDAR-Scans berücksichtigt.
Mitwirkende
Text: Julius Bergau/Eva Bleser/Alexander Strunk, Recherche: Alexander Strunk, Modellierung: Julius Bergau, Texturierung: Irina Keller
Literatur
Gilles 1989
K.-J. Gilles, Die römische Landvilla von Longuich, in: Jahrbuch Kreis Trier-Saarburg, 1989, 200-205.
Gilles 2008
K.-J. Gilles, Longuich, Römische Villa in: Rheinisches Landesmuseum Trier (Hrsg.), Führer zu Archäologischen Denkmälern des Trierer Landes, Schriftenreihe des Rheinischen Landesmuseums Trier 35 (Trier 2008) 53.
Jahresbericht 1984-1986
W. Binsfeld – K.-J. Gilles – K. Goethert – H. Löhr – H. Nortmann – P. Seewaldt, Jahresbericht des Landesamtes für Denkmalpflege, Abteilung Archäologische Denkmalpflege, Amt Trier, für den Regierungsbezirk Trier und den Kreis Birkenfeld 1984-1986, Trierer Zeitschrift 52, 1989, 427-485, bes. 467.
Jahresbericht 1987-1990
W. Binsfeld – S. Faust – M. Frey – K.-J. Gilles – K. Goethert – M. König – H. Löhr – H. Nortmann – P. Seewaldt, Jahresbericht des Landesamtes für Denkmalpflege, Abteilung Archäologische Denkmalpflege, Amt Trier, für den Regierungsbezirk Trier und den Kreis Birkenfeld 1987-1990, Trierer Zeitschrift 55, 1992, 341-447, bes. 422.
Seiler 2015
S. Seiler, Die Entwicklung der römischen Villenwirtschaft im Trierer Land. Agrarökonomische und infrastrukturelle Untersuchungen eines römischen Wirtschaftsgebiets, Philippika 81 (Wiesbaden 2015) 228-230 Kat. 95; Taf. 24 Abb. 50.
Abbildungen
Abbildung 1 – Grundriss des ausgegrabenen Abschnitts der Villa
(aus: Gilles 1989, 203)
Abbildung 2 – Rekonstruktionszeichnung der Villa
(aus: Gilles 2008, 145)
Abbildung 3 – Rekonstruktion der Villa von Longuich (ARGO)
ARGO App – Augmented Reality (AR)
Mit der kostenlosen ARGO-App können Sie die 3D-Modelle vor Ort über Augmented Reality (AR) in ihrer ursprünglichen Größe und in einer 360°-Darstellung betrachten.